Wie kann man bei einem 100-Meter Lauf antreten, wenn man 25 Meter hinter den Blöcken starten muss?
Egal wie sehr du dich bemühst, du rennst vergebens. Für die jungen Leute im Haus der Chance war das bisherige Leben ein verzweifelter Versuch, alle anderen einzuholen, da sie auf vielerlei Weise zurückgehalten wurden. Die meisten hatten seit ihrer Kindheit entweder keine Eltern oder keine Unterstützung durch ihre Eltern und sind in Einrichtungen in ganz Südosteuropa aufgewachsen ohne wirkliche Vorbereitung auf das Erwachsenenleben. Viele erlebten, dass die Lehrer in der Schule ihnen nicht zutrauten, dass sie Fortschritte machen könnten. Ein geringer Bildungsstand und keine Fähigkeiten, die ein Arbeitgeber als notwendig ansieht zwingt viele dazu, verzweifelte Maßnahmen zu ergreifen, um zu überleben. Prostitution, Obdachlosigkeit und Kriminalität sind für zu viele junge Menschen, die das Heim verlassen, der normale Weg. Und wenn sie zusätzlich noch Roma sind oder einen türkischen Hintergrund haben, können die Herausforderungen noch größer sein.
Ein junger Mann, der sich solchen Herausforderungen stellte, ist Bozhidar, der Anfang 2017 ins Haus der Chance kam. Stoyan, der zwei Häuser in Sofia leitet, erinnert sich zurück: „Ich habe diesen jungen Mann am Busbahnhof in Sofia getroffen. Er verließ das ihm bekannte Leben und kam ins Haus der Chance. Auf dem Weg zum Haus hielten wir bei einem Handyladen an, weil wir ihm ein Handy besorgen wollten, damit er mit uns in Kontakt bleiben konnte. Im Handyladen wurde mir klar, dass er seine Identifikationsnummer nicht kannte und obwohl er in der zehnten Klasse war, hatte er immer noch Schwierigkeiten mit der Sprache. Viele junge Roma und türkische Roma kommunizieren nur in ihrer eigenen Sprache. Wenn sie dann ins Heim kommen, sind ihre bulgarischen Sprachkenntnisse oft viel schlechter als die Gleichaltriger und sie finden es schwierig diese einzuholen.“
Dank Stoyan und seinem Team und aufgrund von Bozhidars wachsender Entschlossenheit, sich von seiner Vergangenheit nicht zurückhalten zu lassen, erzielte er beim Lesen und Schreiben gute Fortschritte und konnte sich weiterbilden.
Stoyan fährt fort: „Bozhidar hat eine unglaubliche emotionale Intelligenz und geht jetzt in die zwölfte Klasse der Abendschule. Er ist ein erstaunlicher junger Mann, der dank des Hauses der Chance und unseren Freunden und Unterstützern ein wunderbares Mitglied unserer Gemeinschaft geworden ist.“
Bozhidars Zeit im Haus der Chance ist fast beendet. Doch obwohl sein „Lebensrennen“ noch lange nicht zu Ende ist, haben Stoyan und sein Team Bozhidar erfolgreich dabei geholfen, seine Mitläufer einzuholen. Endlich kann er sich auf Augenhöhe behaupten.
Wollen Sie mithelfen, anderen jungen Leuten wie Bozhidar eine Chance zu geben? Jede Spende zählt.